Wie die Motilitätsstruktur der einzelligen Archaeen an ihrer Oberfläche befestigt ist
Ein Forscherteam um die Freiburger Mikrobiologin Prof. Dr. Sonja-Verena Albers hat die Struktur des Proteins beschrieben, mit dem die Motilitätsstruktur an der Zellwand von Archaeen – einer Art einzelliger Lebensform – befestigt ist. Darüber hinaus konnten die Forscher nachweisen, dass dieses Protein für den Aufbau und die Funktion des Organs essentiell ist. Die Forscher veröffentlichten ihre Ergebnisse in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Structure.
Prokaryoten, einzellige Lebensformen ohne Zellkern, werden in Bakterien und Archaeen unterteilt. Archaeen sind weit weniger erforscht, da bisher keine pathogenen Formen beschrieben wurden. Die ersten isolierten Archaeen stammen aus Lebensräumen wie heißen Schwefelquellen, heißen Quellen in der Tiefsee oder extrem salzhaltigen Seen. Wissenschaftler nahmen daher lange an, dass Archaeen nur in solchen extremen Umgebungen wachsen können. Jetzt weiß man, dass Archaeen wie Bakterien in fast allen Lebensräumen vorkommen können – unter anderem in der Darmflora und auf der Haut des Menschen. Diese Entdeckungen gaben den Anstoß zu neuen Forschungen.
Für Mikroorganismen ist es wichtig, dass sie sich selbständig bewegen können: Wenn sich ihre Lebensbedingungen verschlechtern, sind sie in der Lage, sich aus eigener Kraft bessere zu suchen. Die Bewegungsstruktur von Bakterien, das Flagellum, ist seit mehr als 30 Jahren Gegenstand detaillierter Forschung. Sie besteht aus bis zu 50 Proteinen, die nach einer festen Abfolge von Ereignissen zusammengesetzt sind. Das Ergebnis ist eine Peitsche aus Proteinfilamenten, die ähnlich wie ein Propeller funktioniert: Ein „Motor“ am Ende, der an der Zellwand befestigt ist, lässt sie rotieren und ermöglicht so dem Bakterium das Schwimmen.
Bis vor wenigen Jahren gingen Wissenschaftler davon aus, dass auch Archaeen Geißeln zur Fortbewegung nutzen. Die Sequenzierung des ersten Archaeen-Genoms zeigte jedoch deutliche Unterschiede im Aufbau der Bewegungsstrukturen von Bakterien und Archaeen. Es zeigte sich, dass Archaeen eine Struktur namens Archaellum zum Schwimmen verwenden. Im Modellorganismus Sulfolobus acidocaldarius besteht es aus nur sieben Untereinheiten, erreicht aber trotz dieser einfachen Struktur die gleiche Leistung wie das Flagellum. Die Untereinheiten, aus denen das Archaellum besteht, sind bisher nur wenig strukturell untersucht worden. Vor zwei Jahren entdeckte Albers‘ Forscherteam die Struktur des Motorproteins FlaI und zeigte, dass es zusammen mit den Proteinen FlaX und FlaH den Motorkomplex des Archaellums bildet. In ihrem jetzt veröffentlichten Artikel beschreiben die Forscher das Protein FlaF, das spezifisch an das einzige Zellwandprotein des Modellorganismus bindet und es dort fest verankert. „Es ist wichtig, mehr über diese Zellwand- und Oberflächenstrukturen zu erfahren, da die Archaeen über sie mit der Umwelt – und damit auch mit menschlichen Zellen – interagieren können“, sagt Albers.
Weitere Informationen: „FlaF ist ein β-Sandwich-Protein, das das Archaellum in der archaeischen Zellhülle durch Bindung des S-Layer-Proteins verankert.“ Structure. dx.doi.org/10.1016/j.str.2015.03.001
Journalinformationen: Structure
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